Edelrauthütte

  • Neubau
  • Gem. mit Arch. Martin Stauder und Hannes Kofler
  • Auftraggeber: Autonome Provinz Bozen Südtirol
  • Ort: Eisbruggjoch | Zillertaler Alpen
  • Jahr: 2012
  • Wettbewerb: 5. Preis

Als alpiner Stützpunkt hat die Edelrauthütte seit über 100 Jahren ihre Bedeutung.
Edelrauthütte – Rifugio ponte ghiaccio – Eisbruggjochhütte. Die Schutzhütte steht auf einem Geländesattel, eingebettet zwischen Napfspitze und aufschwingendem Steinkar der Weißzintscharte. Zwei Richtungen bleiben frei: nach Osten geht der Blick in die Zillertaler Alpen, in die Rieserfernergruppe und zum Lappacher Stausee; nach Südwesten besticht die Aussicht auf die Pfunderer Berge bis zu den Sarntaler Alpen und zum Eisbruggsee. Und genau an den Besonderheiten dieses Ortes setzt der Entwurf an.
Die Kraft des Entwurfs liegt in der Einfachheit der architektonischen Formsprache.
Die tragende Idee des Projektes besteht darin, die über Jahrhunderte verwendete Gebäudetypologie des Satteldaches zu übernehmen, diese aber gleichzeitig durch subtile Eingriffe neu zu interpretieren. Sie schließt an die historisch gewachsene Bautypologie der Schutzhäuser an und entwickelt diese mit den heutigen Möglichkeiten weiter. Die Hütte fügt sich nahtlos in die Reihe der Schutzhütten entlang des Pfunderer Höhenweges, wie der Brixner Hütte und der Tiefrastenhütte, und schafft es, über einen singulären Standort im Hochgebirge hinaus, regional identitätsbildend zu wirken. Das Gebäude hat eine schützende Hülle aus Lärchenholzschindeln, wird als vorgefertigte, hoch isolierte Holzständerkonstruktion in Elementen in kürzester Zeit auf zwei Streifenfundamenten montiert, und besticht durch seine Kompaktheit. Kleine schmale, unregelmäßig angeordnete Fensterschlitze schaffen besonders in den Zimmern und Schlafsälen eine einzigartige Atmosphäre. Sie zeigen eine Verspieltheit in der Fassade, geben Schutz und Geborgenheit im Innenraum und verleihen der Hülle besonders nachts die Anmutung eines Sternenhimmels. Nach Südwesten ist die Fassade großzügig verglast und bietet den einzigartigen Blick in die Landschaft.

Durch die leichte Verschiebung des Standplatzes an die Hangkante Richtung Südwesten können die besondere Aussicht zum Eisbruggsee und der freie Horizont bis ins untere Eisacktal auch von der Gaststube aus wahrgenommen werden. Eine gezielt platzierte, gebogene Aufweitung der Fassade an der Südostseite gibt gleichzeitig die Aussicht Richtung Möseler und zum Stausee frei. Ein weiterer Einschnitt auf dieser Gebäudeseite markiert den Eingang. Hier werden alle wichtigen Zustiegswege zur Hütte zusammengeführt.
Das gesamte Raumprogramm ist im Entwurf unter Berücksichtigung der Kubaturbeschränkung mit einigen Besonderheiten umgesetzt.

Im Erdgeschoß sind alle notwendigen Nutzräume untergebracht, sodass sich für die Besucher wie auch den Pächter kurze Wege ergeben. Gleich nach dem Eingangsbereich mit angeschlossener Sanitärzone und Schuhraum befindet sich die großzügig gehaltene Theke. Sie dient als zentrale Versorgungs- aber auch Informationsstation. Von hier aus überblickt der Pächter auch die Zone vor dem Eingang sowie die Sonnenterrasse. An den Thekenbereich schließt die Gaststube an, das Herzstück der Hütte. Sie vereint in sich sowohl geborgene, schützende Hülle als auch Offenheit und Weite. Geborgenheit erfährt der Besucher durch gewohnte Elemente wie Holzwände, Bänke und einen Holzofen, Offenheit durch die großzügige Verglasung in Richtung Südwesten mit einem einmaligen Blick auf den Eisbruggsee und die dahinterliegende Bergsilhouette. Die Stube kann bei Bedarf in zwei getrennte Räume geteilt werden.

Im Obergeschoss sind die Schlafkojen untergebracht - zwei davon mit einer atemberaubenden Aussicht. Der Bereich der Pächter ist von den Hüttenbesuchern abgegrenzt. Unter dem Giebel des Satteldaches befinden sich noch zwei Schlaflager, eines davon dient auch als Winterlager. Dieses ist im Sommer in den Hüttenbetrieb integriert und über die interne Erschließungstreppe erreichbar. Im Winter erfolgt der Einstieg über eine Sambatreppe hinter der im Nordosten vorgelagerten Lawinenschutzscheibe. Diese ist unabhängig von der Schneehöhe immer frei zugänglich. Im Sommer dient dieser Zustieg als zusätzliche Not- und Fluchttreppe.

Die im Südwesten um eine Sitzstufe abgesenkte, vorgelagerte Terrasse liegt ab den späten Vormittagsstunden im Sonnenlicht. Sie ist vor kalten Ostwinden geschützt und lässt die Besucher die Besonderheiten des Ortes spüren und genießen. Die Aussicht der Besucher in der Stube wird durch die Terrasse nicht eingeschränkt.

Der Innenausbau erfolgt in einfachem Lärchenholz.

Eine zusätzliche Unterkellerung ist möglich. Die Anbindung erfolgt je nach Zweckbestimmung der Räumlichkeiten über die interne Treppe oder über eine zusätzliche Außentreppe hinter der Lawinenschutzwand.

Die Außenhülle des Gebäudes ist durch kleine Schlitze unterbrochen. Die Fenster sind klein gehalten, um die Wärmeverluste möglichst zu reduzieren. Sie sorgen im Inneren für die notwendige Belichtung und - sofern gewünscht - auch für die notwendige Belüftung. Auf diese kann beim Einbau der vorgesehenen kontrollierten Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ohne weiteres verzichtet werden. Diese technisch einfache Anlage reduziert den ohnehin schon geringen Energiebedarf, steigert den Anteil an regenerativen Energiequellen und spart somit Kosten in der Betriebsführung. All diese Maßnahmen machen einen nahezu autarken Betrieb der Hütte möglich.