Grundschule und Kindergarten

  •  Umbau und Erweiterung
  • Gem. mit Arch. Hermann Gschnitzer
  • Auftraggeber: Gemeinde Brixen
  • Ort: St. Andrä | Brixen
  • Jahr: 2007
  • Architekurwettberb 3. Preis

Idee, urbanistisches Konzept und architektonische Formensprache

Die Grundidee des Projektes beruht darauf, die geforderte Kubatur so harmonisch wie möglich in den dörflichen Kontext zu setzen, ohne auf eine klare zeitgemäße Architektursprache zu verzichten. Dies wird erreicht, indem sich der Neubau und der Bestand scheinbar als völlig separate Volumina unterschiedlicher Größe und Beschaffenheit präsentieren. Wichtig ist der Dialog zwischen Alt und Neu durch den von den Baukörpern umschlossenen Raum und deren Abstand zueinander. Verbindungsglied zwischen dem bestehenden Kindergarten und dem neuen Schulbau ist der großteils unterirdische Mehrzweckraum dessen Dach in einer Ebene mit dem umliegenden Gelände verläuft. Durch diese Maßnahme entsteht ein großer ebener Platz mit fantastischer Aussicht auf die gegenüberliegende Bergkette des Radelsees und die Schalderer Berge. Der neu entstandene Platz mit flankierenden Gebäuden sowie Hang und Bäumen im Rücken gleicht einem Hufeisen, das sich zur Weite hin öffnet. Diese Weite und Freiheit spiegelt der neue Bau durch sein Auskragen in Richtung des Brixner Talkessels wider.

Ein fast durchgehender Glasschlitz im Dach der Terrasse verbindet sämtliche Gebäudeteile subtil miteinander und sorgt gleichzeitig für ideale Belichtungsverhältinisse der unterirdischen Räume. Die Verbindungsachse endet im Altbestand des Kindergartens, der in diesem Bereich den nahezu einzigen größeren Glaseinschnitt erfährt, um den Blick auf den Kirchturm und das dahinterliegende Eisacktal frei zu geben.

Das neue Schulgebäude scheint schwerelos auf dem Sockel aus Glas zu liegen, welcher ein lichtdurchflutetes Foyer sowie den Mehrzweckraum, die Turnhalle und sämtliche geforderten Nebenräume in sich birgt.

Das vorliegende Projekt versucht Funktionalität und Wirtschaftlichkeit in sich zu vereinen, ohne den Gesichtspunkt des äußeren Erscheinungsbildes zu vernachlässigen. Die Grundidee des Entwurfs beruht darauf, dem weiß verputzten Gebäude des Bestandes ein modernes Gegenüber entgegen zu setzten, das sich von der Gestaltung und Materialsprache stark an den umliegenden Gebäuden in der näheren Umgebung orientiert. Durch die unterschiedliche Breite und Anordnung der verschiedenen vertikalen Holzbretter präsentiert sich die Fassade als abwechslungsreiches Spiel, ohne kleinteilig und unruhig zu wirken.

Erschließung und Funktionalität der Gebäude

Die klare Trennung der vier Funktionsbereiche (Kindergarten, Schule, Mehrzweckbereich sowie alternative Nutzungen im bestehenden Dach) lässt ein äußerst einfaches und überschaubares Erschließungssystem zu. Die Zugänge zum Kindergarten und zur Schule erfolgen über den Platz im Osten auf der bestehenden Geländekote von 978,90m, das dem 0 Niveau der Pläne entspricht. Sowohl im Bestand des Kindergartens als auch in der Schule ist eine klare Ablesbarkeit der Eingänge durch die Gestaltung der Fassade zu erkennen. Der Zugang zum Mehrzweckraum erfolgt an der Nordostseite des Gebäudes völlig autonom, jener des Musikprobelokals und der Bühne kann, falls erwünscht, durch eine weitere Treppe direkt von Außen erfolgen, sodass die Gebäude nicht betreten werden müssen.
Die Zulieferung für die Küche erfolgt über die derzeitige Zufahrt auf gleichem Niveau und wird beibehalten.
Ziel des Entwurfs war, so sparsam wie möglich mit der Kubatur umzugehen und doch architektonisch anspruchsvolle Raumfolgen zu schaffen, die den Kindergartenkindern, den Schülern sowie sämtlichen anderen Nutzern ein Gefühl der Weite bei gleichzeitiger Geborgenheit vermitteln.
Die Orientierung der Klassen direkt nach Osten oder Süden schien uns in Anbetracht der städtebaulichen Vorzüge als nicht zwingend notwendig. Ein Glasschlitz im Dach sorgt in den nach Nordosten gerichteten Klassen für ausreichend natürliches Licht ohne eine störende direkte Sonneneinstrahlung.
Die Innenräume der Schule bilden eine Art Dorf im Dorf. Die Ausblicke und räumlichen Abfolgen ändern sich beim durchschreiten der Gebäude ständig.

Konstruktion, Materialien und energetische Konzepte

Ausschlaggebend für die Wahl der Materialien war die intensive Auseinandersetzung mit dem Bauplatz und der alten Bausubstanz, welche sich in nächster Nähe befindet, sowie ein harmonisches Eingliedern des Neubaus in das bestehende Gelände. Da ein großer Teil der Kubatur unterirdisch untergebracht ist, wird von vornherein ein gutes Verhältnis zwischen Volumen und Außenflächen erreicht, wodurch die Energieverluste minimiert werden.

Die Außenmauern des bestehenden Kindergartengebäudes werden mit einer 14cm starken Mineralschaumplatte versehen, das Dach zwischen den Sparren mit Holzfaserkeilen gedämmt. Dadurch können die Heizkosten enorm gesenkt und ein Klimahausstandard der Klasse B erreicht werden. Zusätzlich bietet die Dachneigung des Bestands eine ideale Fläche, sowohl Sonnenkollektoren als auch Solarzellen zu montieren. Die Fläche reicht aus, das gesamte Gebäude mit Strom zu versorgen. Im Zuge des Umbaus ist es sinnvoll neue Fenster mit einem Lambda-Wert von 0.9 W/mK. zu montieren. Das nach Westen gehende Vordach wird entfernt, damit mehr Licht in die Gruppenräume fliesen kann. In einem zweiten Moment wäre ein zweigeschossiger Glasvorbau eine mögliche Erweiterung. Diese könnte als Pufferzone Verwendung finden und eine Übergangszone zwischen den Gruppenräumen und dem Garten der Kinder bilden.
Im Eingangsbereich wird die Decke entfernt, damit ein großzügiger Luftraum die Weite und das Licht in das Gebäude eindringen lässt. Um einerseits Kosten zu sparen und andrerseits den Betrieb so schnell wie möglich wieder aufnehmen zu können werden die baulichen Eingriffe so gering wie möglich gehalten.

Der neue Sockelbau hingegen wird in Massivbauweise aus Beton (evtl. Fertigteile) mit Kerndämmung und einer Vorsatzschale aus Naturstein - alternativ in gestocktem leicht rötlichen Beton - ausgeführt. Der Großteil des Sockelbaus, welcher herausragt, ist verglast, damit viel Licht tief in den Mehrzweckraum eindringen kann und beim Turnunterricht kein zusätzliches künstliches Licht benötigt wird. Die Decke wird mit Betonhohldielen errichtet. Auf ihr befindet sich der befestigte Pausenhof (versiegelt mit Natursteinplatten). Der Großteil der restlichen Flächen bleibt begrünt.

Beim Neubau der Schule war vor allem der fast sinnlich anmutende Trametschbach mit seinen die Ufer säumenden Birken Anlass, sich für einen Holzbau zu entscheiden und eine Fassade zu entwickeln, die trotz der Einfachheit und Strenge gleichzeitig Vitalität und Verspieltheit zum Ausdruck bringt. Wie in den Plänen ersichtlich, ist die Fassade mit Schiebelementen versehen, die je nach Notwendigkeit und Wunsch verschoben werden können und damit mehr oder weniger Licht in den Raum einlassen. Die einzelnen Steher sind unterschiedlich breit. Nicht nur die Fassade selbst, sondern sämtliche rundum laufenden Wände werden mit vorgefertigten Holzelementen mit einer integrierten Dämmung aus Holzfaserkeilen ausgeführt. Dadurch kann eine schnelle und problemlose Montage garantiert werden, die Wärmeverluste werden trotz geringer Wandstärke sehr niedrig gehalten. Die Decken selbst sind als Vollbetondecken geplant um einerseits als Speichermasse zu dienen sowie andererseits den Luftschall zwischen den Geschossen zu unterbinden.
Das Dach wird extensiv begrünt wodurch sommerliche Überhitzung vermieden wird. Zudem fügt sich das Gebäude auch harmonischer in das Landschaftsbild. Im Lichtschlitz im Obergeschoss werden Solarzellen integriert, die einerseits Strom produzieren und andererseits auch ein Beschattungssystem darstellen. Ein Klimahaus der Klasse A+ ist Ziel dieses Neubaus.

Eine Niedrigenergieflächenheizung in Form einer Fußbodenheizung stellt das ideale System dar, die neuen Gebäude zu beheizen. Aufgrund der Tatsache, dass eine Anbindung an das Fernwärmenetz vorgesehen ist, wurde die Flächen für den Technikraum verringert.
Als Be- und Entlüftung des Mehrzweckraumes kann ein Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung gewählt werden. Frischluft wird angesaugt und über einen Wärmetauscher mit der verbrauchten Luft vorgewärmt.

Freibereich

Der Entwurf zielt darauf ab, die Freibereiche so groß wie möglich zu belassen. Der Freibereich des Kindergartens scheint an der Stelle an der er sich befindet gut zu funktionieren, auch wenn eine neue Gestaltung unter Einbeziehung von Kindern und Eltern wünschenswert wäre.
Der nahe liegende Bach mit seinen Birken am Rande bietet ohnehin Spielmöglichkeiten, die mit geringem Aufwand (z.B. Ableiten eines Bächleins zur Bewegung eines Wasserrads) großes pädagogisches Potenzial in sich bergen. Bäume wie Wildkirsche, Birne, Apfel, Nuss und weitere sind vorgesehen, um den Bezug zwischen Natur und Schüler zu intensivieren. Das kann soweit reichen, dass auch im Interieur verschiedene Hölzer zur Anwendung kommen.